Nachfragematrix fortschreiben mit der Methode Kleinste Quadrate

Neben VStromFuzzy bietet Visum mit der Methode der kleinsten Quadrate eine weitere wirkungsvolle Methode zur Fortschreibung von Matrizen an. Sie unterscheidet sich von VStromFuzzy im Lösungsverfahren, das den quadratischen Abstand zwischen Umlegungs- und Zählwert minimiert. Die Struktur der Originalmatrix wird dabei möglichst erhalten, indem gleichzeitig der quadratische Abstand zwischen alten und neuen Matrixwerten minimiert wird.

Das nichtlineare Optimierungsproblem lautet:

mit

: Werte der Ausgangsmatrix

: korrigierte Matrixwerte

: Belastung von Netzobjekt r als Funktion der korrigierten Matrixwerte

: Gewichtungsfaktor für den Abstand zwischen Belastungs- und Zählwerten

: Gewichtungsfaktor für den Abstand der Matrixwerte zwischen korrigierter und Ausgangsmatrix

: Zählwert

Die Funktion ist multilinear, wobei die Linearfaktoren in der Anteilsmatrix A stehen,

.

Die Anteilsmatrix A bestimmt sich wie bei VStromFuzzy als

mit

: Menge aller Wege, die zur OD-Beziehung ij gehören

: 1, falls der Weg K das Netzobjekt r enthält, sonst 0

: Belastung des Wegs K

Es gibt zwei große Vorteile des Verfahrens „Kleinste Quadrate“ gegenüber VStromFuzzy:

  • Es liefert immer eine Lösung, weshalb das Verfahren deutlich robuster ist als VStromFuzzy. Allerdings heißt das nicht automatisch, dass die Zählwerte mit der gefundenen Lösung wie gewünscht erreicht werden.
  • Die Laufzeit ist gegenüber VStromFuzzy stark reduziert. Dadurch ist die Methode auch in großen Modellen mit sehr vielen Zählstellen mit akzeptablem Zeitaufwand anwendbar.

Dennoch haben beide Verfahren nebeneinander weiterhin ihre Berechtigung, da VStromFuzzy zumindest für einige Modelle eine bessere Übereinstimmung zwischen Umlegungs- und Zählwert herbeiführt.

Das Verfahren „Kleinste Quadrate“ benötigt geringfügig andere Eingabevariablen als VStromFuzzy.

  • Statt der Definition von Toleranzen für die Zählwerte werden Gewichtungsfaktoren definiert. Damit große Zählwerte gegenüber kleinen nicht prinzipiell bevorzugt werden, sollten die Gewichtungsfaktoren eine bestimmte Grundstruktur haben: Sie sollten den Term 1 / Wurzel(Zählwert) beinhalten. Dieser Term führt näherungsweise zur Optimierung von GEH², also dem Quadrat des GEH und damit zu einem in diesem Sinne ausgeglichenen Ergebnis. Der GEH ist definiert als |ZW – MW| / √(0.5*(ZW + MW)) mit ZW: Zählwert und MW: Modellwert. Sollen einige Zählstellen darüber hinaus stärker wirken als andere, multiplizieren Sie diesen Term mit einem entsprechenden Gewichtungsfaktor. Die Grundstruktur der Gewichtungsfaktoren sollte unbedingt eingehalten werden, insbesondere bei den Zählwerten für den Gesamtverkehr sowie für die Verteilung. Ansonsten werden diese beiden Zählwerte die gesamte Optimierung dominieren. Da bei der Verteilung allerdings keine echten Zählwerte, sondern stattdessen Anteile vorliegen, muss ein Durchschnittswert für den Wert von Zählwert in der Formel 1 / Wurzel(Zählwert) angenommen werden. Hier sollte die durchschnittliche Anzahl an Fahrten je Intervall, also im Grunde Anzahl Gesamtfahrten / Anzahl Intervalle, verwendet werden.
  • Daneben muss ein weiterer Gewichtungsfaktor angegeben werden, der das Gewicht der Matrixabweichung (Unterschied zwischen neuen und alten Matrixeinträgen) gegenüber den Zählwertabweichungen in der Zielfunktion definiert. Ist dieser Faktor klein, bekommen Matrixabweichungen ein kleines Gewicht gegenüber Zählwertabweichungen. Es gibt leider keine Faustregel, welche Größenordnung dieser Faktor annehmen muss, um ausreichend wirksam zu sein. Nach unseren Erfahrungen gibt es Modelle, bei denen Werte in der Größenordnung von 10-7 kaum eine Wirkung haben, bei anderen Modellen führen schon kleine Werte zu erkennbaren Unterschieden. Wir empfehlen, zunächst mit einem Gewichtungsfaktor von 0 zu beginnen und den Unterschied zwischen Ausgangs- und Ergebnismatrix zu analysieren. Falls dieser unerwartet groß ist, sollte der Gewichtungsfaktor so weit erhöht werden, bis die Abweichung akzeptabel gering ist.

Das iterative Lösungsverfahren vermeidet weitgehend eine unnötige Abweichung von der aktuell umgelegten Matrix. Deshalb wirkt sich der Gewichtungsfaktor nur geringfügig aus, solange die angegebene Originalmatrix identisch ist mit der aktuell umgelegten Matrix.

Es kommt aber vor, dass sich die umgelegte Matrix von der Matrix unterscheidet, deren Struktur erhalten bleiben soll. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Verfahren „Kleinste Quadrate“ iterativ angewendet wird, also mehrmals jeweils abwechselnd mit einer Umlegung. Hier möchte man vermeiden, dass die Abweichung zwischen der Ergebnismatrix und der „historischen“ Originalmatrix immer größer wird.

Bei der Methode „Kleinste Quadrate“ gibt es zwei Varianten:

  • statische Variante

Die statische Variante korrigiert eine statische Matrix und bezieht sich immer auf die Gesamtbelastungen. Eine vorhandene prozentuale ÖV-Ganglinie korrigiert die statische Variante nicht.

  • dynamische Variante

Die dynamische Variante korrigiert eine Matrix-Ganglinie mit Bezug auf die Belastung je Analysezeitintervall. Damit berücksichtigt die dynamische Variante die zeitliche Dynamik sowohl bei der Nachfrage als auch bei der Umlegung. Die Zeitintervalle auf beiden Seiten müssen nicht identisch sein: Die Nachfragezeitintervalle sind durch die Ganglinie definiert, die Zeitintervalle der Zählwerte durch die Analysezeitintervalle.

Hinweis: Die dynamische Variante ist ausschließlich in Verbindung mit dem IV-Umlegungsverfahren Simulationsbasierte dynamische Umlegung (SBA) und der fahrplanfeinen ÖV-Umlegung verfügbar.

Die Methodik beider Varianten ist fast identisch, der wesentliche Unterschied ist die zusätzliche Dimension der Zeit, was sich im Wesentlichen ausschließlich auf die Anteilsmatrix auswirkt. Die Zeilen der Anteilsmatrix entsprechen bei der dynamischen Variante nicht mehr den Zählstellen, sondern dem Kreuzprodukt aus Zählstellen und Analysezeitintervallen; die Spalten der Anteilsmatrix entsprechen nicht mehr der Menge der OD-Beziehungen, sondern der gesamten Nachfrageganglinie. Ein Eintrag in der Anteilsmatrix entspricht dem Anteil der Nachfrage einer Relation während eines Nachfragezeitintervalls, der während eines Analysezeitintervalls eine Zählstelle passiert.

Durch die Hinzunahme der Zeit-Dimension erhöht sich die Anzahl der Zellen der Anteilsmatrix erheblich und die Rechenzeit des Lösungsverfahrens nimmt entsprechend zu. Deshalb wurde die dynamische Variante nicht für das langsamere VStromFuzzy-Verfahren implementiert.